Bodemuseum, Berlin - Privatfotografie |
Wenn man diese Büste betrachtet, wirkt sie sogleich wie ein menschliches Brandopfer. Die Lippen unnatürlich gestrafft, die linke Gesichtshälfte bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, das Auge fehlt.
Sowohl bei einem Menschen aus Fleisch und Blut, als auch bei dieser Büste muss eine Katastrophe vorausgegangen sein. Bei dem großen Unglück, das diese Skulptur miterlebt hat, handelt es sich um eines der größten der Menschheitsgeschichte - den 2. Weltkrieg.
Die Sammlungen der Gemäldegalerie wanderten während des Krieges hin und her, auf der Suche nach einem sicheren Platz für sie. Zunächst waren sie alle nach und nach in den Flakbunker Friedrichshain gebracht worden. Doch als 1945 die Ostfront immer näher in Richtung Stadt Berlin rückte, beschloss man viele der Gemälde, Skulpturen und andere Schätze an anderen Stellen in Deutschland zu deponieren. Wie zum Beispiel im Salzbergwerk Kaiseroda. Jedoch endete der Krieg bevor alle Werke ihren Werk dorthin fanden.
Die oben abgebildete Büste gehörte zu den Hunderten Kunstwerken, die im Flakturm Friedrichshain verblieben.
Der Bunker wurden am 2. Mai 1945 der Roten Armee übergeben. Nun kommt es während des Durcheinanders nach dem Krieg zu Einbrüchen und wohl auch Plünderungen des 3. Geschosses. Hierbei verschwanden wahrscheinlich schon einige Werke. Ob Soldaten der Roten Armee, deutsche Soldaten oder Zivilpersonen hinter dem Einbruch steckten, bleibt ein Rätsel.
Ein weiterer Schicksalsschlag waren zwei Brände mit begleitenden Explosionen. Die Brandursachen sind ungeklärt. Während der erste Brand nur das erste Geschoss betraf und die Schäden also im Rahmen blieben, sorgte der zweite zwischen dem 14. und 18. Mai dafür, dass das gesamte Gebäude, sowie ein Großteil seines kostbaren Inhalts unwiederbringlich zerstört wurden.
Es handelt sich um die weitreichendste Zerstörung einer Sammlung in der europäischen Museumsgeschichte.
So manches Werk wurde noch aus den Trümmern geborgen und wanderte mit anderen unversehrten Kunstschätzen als Kriegsbeute in die UdSSR. Vieles kehrte aber 1958 auf die Berliner Museumsinsel zurück.
Sowohl im Jahr 2005, als auch 2016 entdeckte man Werke der Berliner Sammlung, die als zerstört angenommen worden waren, in russischen Museen, sodass noch Hoffnung besteht, dass nicht alle Kunst des Flabunkers Friedrichshain zerstört ist.
Die Kunstwerke hatten den 2. Weltkrieg überlebt, jedoch rafften sie kurz nach dessen Ende die letzten Explosionen dahin. Dieser traurigen Wahrheit widmet das Bode-Museum auf der Museumsinsel einen kleinen, zuerst sehr unscheinbar wirkenden Raum. Er soll an die Schrecken des 2. Weltkrieges und an seine verheerenden Auswirkungen auf Kunst, Weltkulturerbe und Kultur erinnern. Die Stimmung in diesem Raum mit seinen zerstörten Kunstwerken, der erklärenden Tafel und den kleinen schwarz-weiß Fotografien, die bis heute verschollene oder für immer vernichtete Kunstwerke zeigen, ist sehr eindrucksvoll. Sie transportiert sehr gut das Gefühl von Verlust und Trauer. Nicht nur in Bezug auf Kunst. Der einfache Raum schafft es auch, die Schrecken des Krieges zu transportieren und so zu mahnen, welche Auswirkungen "(...) verantwortungsloses menschliches Handeln (...)" haben kann.
Hier eine kleine Auswahl an Künstlern deren Gemälden den Brand 1945 wohl nicht überlebten:
Pieter Aertsen
Giovanni Bellini
Sandro Botticelli
Caravaggio
Lucas Cranach d.Ä.
Anthonis van Dyck
Giotto di Bondone (Schule)
Raffael
Peter Paul Rubens
Tintoretto
Veronese
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